Der Kauf eines Gebrauchtwagens erfordert eine gründliche Inspektion, um böse Überraschungen zu vermeiden. Unser Leitfaden zeigt Ihnen, worauf Sie achten müssen und wie Sie versteckte Mängel erkennen.
Vorbereitung der Inspektion
Eine strukturierte Herangehensweise ist der Schlüssel zu einer erfolgreichen Fahrzeugprüfung:
Was Sie mitbringen sollten:
- Taschenlampe: Für die Inspektion von Motorraum und Unterboden
- Handschuhe: Zum Schutz beim Prüfen von Öl und anderen Flüssigkeiten
- Notizblock: Zur Dokumentation aller Befunde
- Magnete: Zur Erkennung von Spachtelmassen (nicht magnetisch)
- OBD-Lesegerät: Zum Auslesen von Fehlercodes
- Messgerät für Reifenprofil: 1,6 mm ist das gesetzliche Minimum
Optimale Inspektionsbedingungen:
- Tageslicht für bessere Sicht
- Trockenes Wetter (Regen verdeckt Mängel)
- Ausreichend Zeit einplanen (mindestens 1-2 Stunden)
- Fahrzeug sollte kalt sein (Motor mindestens 1 Stunde aus)
Karosserie und Lackprüfung
Die Karosserie verrät viel über die Geschichte des Fahrzeugs. Achten Sie auf folgende Punkte:
Sichtprüfung der Karosserie:
- Gleichmäßiger Lackglanz an allen Stellen
- Keine Farbunterschiede zwischen den Panels
- Keine Kratzer, Dellen oder Roststellen
- Gleichmäßige Spaltmaße zwischen Türen, Motorhaube und Kofferraum
- Keine Overspray-Spuren (Lackierung außerhalb der eigentlichen Fläche)
- Türen und Klappen schließen bündig und ohne Knarren
Achtung Unfallschaden: Unterschiedliche Lackfarbtöne, ungleichmäßige Spaltmaße oder Schweißspuren können auf einen Unfallschaden hindeuten. Lassen Sie solche Fahrzeuge von einem Experten prüfen.
Test mit dem Magneten:
Ein starker Magnet haftet nicht an gespachtelten Stellen. Testen Sie systematisch alle Karosserieteile, insbesondere:
- Kotflügel (häufige Unfallschäden)
- Türen und deren Rahmen
- Schweller und untere Bereiche (Rostgefahr)
- Bereiche um Radkästen
Motorraum-Inspektion
Der Motorraum gibt wichtige Hinweise auf den Zustand und die Wartungshistorie des Fahrzeugs:
Allgemeine Sauberkeit:
- Gepflegter Motorraum: Deutet auf sorgfältige Wartung hin
- Übermäßige Sauberkeit: Könnte darauf hindeuten, dass Lecks versteckt werden sollen
- Starke Verschmutzung: Zeigt nachlässige Pflege
Flüssigkeitsstände prüfen:
Motoröl
- Farbe: Sollte goldbraun bis schwarz sein
- Konsistenz: Nicht zu dickflüssig oder schaumig
- Pegel: Zwischen Min- und Max-Markierung
- Keine Metallpartikel im Öl
Kühlflüssigkeit
- Farbe: Meist grün, blau oder rot
- Keine Ölfilm auf der Oberfläche
- Ausreichender Füllstand
- Keine Roststellen im Ausgleichsbehälter
Auf Lecks achten:
- Ölfeuchtigkeit an Dichtungen und Schläuchen
- Kühlflüssigkeitsspuren
- Bremsflüssigkeitslecks (besonders gefährlich!)
- Servoöl-Lecks an der Lenkung
Fahrwerk und Reifen
Das Fahrwerk ist sicherheitsrelevant und kostspielig zu reparieren. Prüfen Sie daher gründlich:
Reifeninspektion:
- Profiltiefe: Mindestens 1,6 mm, empfohlen 3 mm
- Gleichmäßiger Verschleiß: Einseitiger Verschleiß deutet auf Fahrwerksprobleme hin
- Alter der Reifen: DOT-Nummer prüfen (nicht älter als 6 Jahre)
- Beschädigungen: Risse, Beulen oder eingefahrene Nägel
- Matching: Idealerweise sollten Reifen achsweise gleich sein
Fahrwerkstest:
- Wipptest: Fahrzeug an einer Ecke mehrmals nach unten drücken. Es sollte maximal einmal nachschwingen
- Spurstangen prüfen: Vorderrad greifen und rütteln (horizontal und vertikal)
- Kugelgelenke testen: Hebeln Sie vorsichtig an den Rädern
- Unterboden-Sichtprüfung: Auf Rost und beschädigte Teile achten
Innenraum und Elektronik
Moderne Fahrzeuge haben viele elektronische Systeme. Testen Sie alle Funktionen systematisch:
Elektronik-Check:
Beleuchtung
- Scheinwerfer (Abblend-/Fernlicht)
- Blinker (alle vier Seiten)
- Rücklichter und Bremslichter
- Innenbeleuchtung
- Warnblinkanlage
Komfortsysteme
- Klimaanlage/Heizung
- Radio und Navigation
- Elektrische Fensterheber
- Zentralverriegelung
- Sitzverstellung (elektrisch)
Innenraum-Zustand:
- Sitze: Auf Verschleiß, Risse oder Flecken prüfen
- Lenkrad: Sollte nicht zu stark abgenutzt sein
- Pedale: Verschleiß gibt Hinweise auf Laufleistung
- Schalthebel: Auf leichtgängige Bedienung achten
- Geruch: Muffiger Geruch deutet auf Feuchtigkeit hin
Probefahrt
Die Probefahrt ist der wichtigste Teil der Inspektion. Hier zeigen sich Probleme, die bei der Standprüfung nicht erkennbar sind:
Vor dem Start:
- Kaltstart: Motor sollte zügig anspringen
- Leerlauf: Ruhig und gleichmäßig (800-1000 U/min)
- Warnleuchten: Alle sollten nach dem Start erlöschen
- Handbremse: Griffweg und Haltkraft prüfen
Während der Fahrt achten auf:
Motor und Getriebe
- Ruckfreies Beschleunigen
- Keine ungewöhnlichen Geräusche
- Gangwechsel geschmeidig
- Kupplung greift nicht zu hoch/niedrig
- Leistungsentfaltung gleichmäßig
Fahrverhalten
- Spurstabilität (zieht nicht zur Seite)
- Lenkung leichtgängig und präzise
- Bremsen gleichmäßig und ohne Quietschen
- Keine Vibrationen im Lenkrad
- ABS funktioniert (wenn testbar)
Tipp: Fahren Sie verschiedene Situationen: Stadtverkehr, Autobahn, Bergauf/Bergab, Rückwärtsfahren und Einparken. Nur so erkennen Sie alle potentiellen Probleme.
Dokumentation und finale Bewertung
Eine systematische Dokumentation hilft bei der Entscheidung und späteren Preisverhandlung:
Bewertungsschema (1-5 Punkte):
Unsere Empfehlung:
- Über 4,0 Punkte: Sehr guter Zustand, Kauf empfehlenswert
- 3,0-4,0 Punkte: Guter Zustand, kleinere Mängel tolerierbar
- 2,0-3,0 Punkte: Befriedigend, Preis entsprechend verhandeln
- Unter 2,0 Punkte: Finger weg oder nur bei sehr attraktivem Preis
Eine professionelle Gebrauchtwagen-Inspektion kann teure Reparaturen verhindern und gibt Ihnen Sicherheit beim Kauf. Bei Unsicherheiten empfehlen wir Ihnen, einen Sachverständigen hinzuzuziehen.